12. Fürther Kunst-Begegnungen

Fürther Nachrichten vom 12. August 2003

Findlinge und andere Steine
Die 12. Fürther Kunst-Begegnungen zeigen
im Schloss ein breites Spektrum der Gegenwartskunst

Hoch-Zeit für Schloss Burgfarrnbach in diesem Sommer: Neben den Sommernachtspielen, die heuer ihre Premiere feierten, ist das Schloss bereits zum 12. Mal Austragungsort der Fürther Kunst-Begegnungen.

Unter dem Motto „regional — überregional — international" bieten sie Begegnungen der mannigfachen Art: zwischen Deutschland, Japan und den USA, zwischen verschiedensten Künstler-Generationen - von Jahrgang 1930 bis 1975, aber auch eine Vielfalt von Techniken, Materialien und Temperamenten.

Zwei Temperamente in sich zu vereinen scheint Ronald E. Johnson, Detroit. Der „Senior" der Ausstellung setzt mit seinen Bildern und Skulpturen einen deutlichen Schwerpunkt. Temperamentvoll, extrovertiert präsentiert er sich vor allem in seinen jüngsten Arbeiten in Acryl auf Leinwand. Der Meisterschüler von Jackson Pollock verleugnet seine Herkunft nicht: Er spachtelt, kleckert, tropft und träufelt die Farbe auf den Untergrund, und es entstehen kraftvolle Arbeiten, die auf den Kontrast von großzügigen Farbflecken und feinen Kohlestrichen setzen. Manchmal entfalten sie eine fast archaische Wirkung, so als hätte ein eiszeitlicher Künstler feine Kohlestriche auf die raue Wand einer Höhle gezeichnet.

Ganz im Gegensatz dazu stehen Johnsons Skulpturen. Sie strahlen Ruhe und Harmonie aus und vermitteln den langwierigen Prozess des Hauens und Glättens von Stein. Immer wieder tauchen Yin-Yang-Formen auf, stehen schmale, scharfe Grate im Gegensatz zu weichen, runden Formen und Durchbrüchen.

Stein ist auch das Material von Peter Stutzmann, 2001 Kulturförderpreisträger der Stadt Fürth und Student der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei Prof. Ottmar Hörl. Stutzmanns Installation im Schlosshof beschäftigt sich mit der veränderlichen Identität eines Findlings: „Ein Findling, von dem man etwas abschneidet, ist kein Findling mehr. Er bekommt eine anonymere Identität." Der Stein wird domestiziert und schließlich ganz zum reinen Material. Ihre steinerne Identität verloren haben auch die Findlinge der zweiten Installation im Stadtmuseum, durch fein säuberliche Beschriftung werden sie zu bloßen Gewichten von 50, 25 oder 2,5 Kilogramm.

Ganz anders geht Horst Delkus, Dortmund, an den Stein heran. Er lässt sich vom Material — Sandstein von der Ruhr und aus den Baumbergen, Marmor aus Carrara, Springstone und Serpentin aus Zimbabwe – inspirieren. Seine Skulpturen entstehen ohne nennenswerte Vorarbeit, sie werden direkt in den Stein geschlagen, wie sein „Denker I", der außer seiner natürlichen Form nur die wenigen Bearbeitungsspuren der Augenpartie zeigt.

Aus der Darstellung optischer Wahrnehmung bezieht Werner Assenmacher, Bamberg, seine Sujets. Seine „Variationes" finden in den Schloss-Remisen einen vortrefflichen Hintergrund. Je nach Standpunkt changieren diese Materialbilder aus blauen, roten und gelben Schnüren, mal sind sie als Striche wahrnehmbar, mal vermischen sich die Farben im Auge des Betrachters.

Werner Assenmacher sieht seine kunstgeschichtlichen Wurzeln in der Tiefenwirkung der Farbe durch Schichtung bei Mark Rothko genauso wie bei Barnett Newman und dessen Bedeutung der Vertikalen als Hinweis auf das Erhabene. Yuka Watanabe, Hiroshima und Nürnberg, studierte japanische Malerei in Okinawa und seit 1998 an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei Prof. Werner Knaupp und seit 2002 bei Prof. Peter Angermann. Ihre Installation „Greenwich, sunny" besteht aus fünf bedruckten Stoffbahnen, die vor Fenstern angebracht sind. So zeigen sich die Wetterlage und der jeweilige Sonnenstand in der unterschiedlichen Durchleuchtung des Stoffes.

Politisch-poetisch

Sie dokumentiert aber nicht nur eine weltumspannende Wettervorhersage, sondern hat ebenso eine politische, wie eine poetische Dimension und wirkt vor allem assoziativ. Erinnerungen und Sehnsüchte an Traumziele werden geweckt, aber auch Schreckensbilder bei Ländernamen wie Afghanistan oder Irak.

Das „Stelenpaar" von Reiner Anwander verweist auf seine historische Herkunft, alte Eichenbalken von einstigen Fachwerkbauten. Sie behalten zwar ihre Grundgestalt und Spuren der Verarbeitung wie Zapflöcher bei, doch klingt mit Scheibenformen auch Technisches an. Dieses Formvokabular steht bei dem Künstler für Wahrnehmungsorgane und Sendeeinrichtungen und spielt auf Formen der Kommunikation an.

Und der Kommunikation, der Auseinandersetzung mit diesen so anregenden Arbeiten der 12. Fürther Kunstbegegnungen, dient auch die Konfrontation mit den Besuchern der Sommernachtspiele, wenngleich diese die Kunst auch räumlich an den Rand drängen.
MARION REINHARDT

12. Fürther Kunst-Begegnungen bis 14. September, Schloss Burgfarrnbach, Öffnungszeiten: Montag 8 bis 17 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 8 bis 16 Uhr, Freitag 8 bis 12 Uhr und Sonntag 10 bis 13 Uhr.

zurück