Die 10. Fürther Kunst-Begegnungen
beginnen am Wochenende. In Schloss
Burgfarrnbach und seinem Innenhof
sind ab Sonntagnachmittag die Vernissage
beginnt um 15 Uhr bis 8. Juli
Werke von Boris Engelbrecht (Hamburg),
Johannes L. M. Koch (Niederlindach),
Verena Mayer-Tasch (Bedizzano),
Kim Nordmann (Hamburg), Fridrich
Popp (Nürnberg) sowie Christine
Regenberg (Fürth und Berlin) zu sehen.
Leiter des Projekts, das das Kulturreferat
und die Stiftung Natur-Kultur-Struktur
des Bezirks Mittelfranken fördern,
sind seit der ersten Begegnung
1992 Gerd Scherm und Friederike Gollwitzer.
Scherm, den die FN-Leser auch
als Mitstreiter in unserer literarischen
Reihe Fürther Freiheit kennen, wurde
in Fürth geboren. Er ist Autor und Multimedia-Künstler;
gemeinsam mit Ehefrau
Gollwitzer betreibt er in Binzwangen
bei Colmberg den Kulturgut-Raum
für Kunst. Scherm im FN-Gespräch
über zehn Begegnungs-Jahre
und die Tücken hiesiger Kulturpolitik.
Zehn Jahre Fürther Kunst-Begegnungen
wie würden Sie die typische
Handschrift dieses Projekts beschreiben?
Scherm:
Zwei Dinge sind typisch,
die Vielfalt und die Begegnungen. Beides
resultiert sehr stark aus persönlichen
Kontakten. Das heißt, hier kommen
Künstler zusammen, die ihrerseits
einen weiteren für das kommende Jahr
empfehlen, der wiederum einen kennt,
den er weiterempfiehlt. Aber wir kriegen
natürlich auch Bewerbungen auf
den Tisch. Da wir die vergangenen beiden
Jahre unserer Kunst-Begegnungen
ausführlich im Internet dokumentiert
haben, melden sich verstärkt internationale
Künstler bei uns an, die gerne
mitmachen wollen.
Sind es eher die jungen Talente, die
Sie heranholen wollen, oder bereits
arrivierte Künstler?
Scherm: Wir versuchen immer die
Mischung Newcomer und Arrivierte,
regional und international Bekannte.
Wie haben sich in den zehn Jahren
die Besucherzahlen entwickelt? Können
Sie zufrieden sein?
Scherm: Im Logenhaus haben wir
angefangen, da waren es 500 Leute. Im
Lauf der Jahre steigerte sich das auf
etwa 1200, und seitdem wir im Schloss
Burgfarrnbach ausstellen, kommen
jährlich zwischen 1200 und 1800. Das
ist eine sehr gute Zahl, wobei man aber
bedenken muss, dass auch Zufallsbesucher
auf die Ausstellung stoßen.
Wenn im Schloss zum Beispiel der Ball
der Jungen Union stattfindet, dann
nutzen die das natürlich und schauen
sich das an, klar.
Wie kam es eigentlich zum Umzug
vom Logenhaus zum Schloss?
Scherm: Das lag daran, dass Innenausstellungen
im Logenhaus nur im
Clubraum möglich waren, wir das aber
nur an Wochenenden machen durften,
außerdem mussten wir alles selbst
betreuen und organisieren. Das
Schloss hingegen hat geregelte Öffnungszeiten
auch unter der Woche und
mit Helmut Richter einen erfahrenen
und professionellen Mann vor Ort.
Der Start 1992 warum ausgerechnet
im Logenhaus?
Scherm: Dort hatte ich 1991 bereits
eine eigene Ausstellung. Daraufhin
fragte der Vorstand bei mir an, ob ich
nicht im Garten etwas machen möchte.
Zu dem Zeitpunkt gab es bereits den
Plan eines größeren Künstlerprojektes
im Rednitzbereich, und das haben wir
dann letztlich im Garten umgesetzt.
Nach dem ersten Jahr war der Logenvorstand
sehr positiv gestimmt, weil er
merkte, dass die Kunst Schwellenängste
gegenüber den Freimauern
abgebaut hat. Plötzlich kamen Nachbarn,
die jahrelang nebenan gewohnt
hatten, zum ersten Mal ins Haus.
Verfolgen Sie die Debatte um die
städtische Galerie in Fürt.
Scherm: Teilweise ja. Ich bin jedenfalls
der Meinung, dass eine städtische
Galerie Fixpunkt in der Stadt sein
muss.
Der Trend scheint aber ein anderer
zu sein. Gerd Scherm und seine Kunst-Begegnungen
gehen nach Burgfarrnbach,
Lothar Böhm geht mit artoz-media
in die Polizeidirektion und ins
Amtsgericht, der Kulturring C geht mit
Zeit sogar in Privatwohnungen.
Kunst, hat man das Gefühl, kommt
verstärkt zu den Leuten. Ist eine städtische
Galerie da nicht ein Anachronismus?
Scherm:
Das ist ein zweigleisiger
Vorgang. Sicher muss die Kunst direkt
zu den Leuten gehen. Aber die Stadt
braucht ein Zentrum der Bildenden
Kunst. Als echter Fürther habe ich das
jahrelang als großes Defizit empfunden.
Eine städtische Galerie ist unbedingt
notwendig. 1970 habe ich zum
Beispiel das Kulturkollektiv
gegründet mit einem interdisziplinären
Ansatz. Aber für die Vorlesungen,
Aktionen und Ausstellungen gab es
einfach keine anständigen Räume in
Fürth. Wenn man bedenkt, dass inzwischen
jede Kleinstadt eine städtische
Galerie hat, nur Fürth immer noch
nicht, ist das schon traurig. Rothenburg
hat eine, Dinkelsbühl hat eine,
Nördlingen hat eine.
Aber das Geld spielt natürlich auch
eine Rolle.
Scherm: Wissen Sie, Geld hat man
nie. Meine Erfahrung in Fürth ist, dass
die Kultur immer an allerletzter Stelle
stand.
Das scheint sich ja offenbar zu
ändern.
Scherm: Mag schon sein, aber man
hat hier lange nicht begriffen, dass die
so genannten sanften Standortfaktoren
mindestens so wichtig sind wie eine
Müllverbrennungsanlage. Um zu
begreifen, was Kultur in Fürth bedeutete,
musste man nur bei Herrn Wennings
Vorgänger über den Gartenzaun
schauen: Gartenzwerge inmitten japanischer
Gräser. Da wusste man, woran
man ist. Aber ich habe dennoch nie die
Zuversicht verloren.
Was gibt Ihnen außer der nahenden
Galerie Anlass zur Zuversicht?
Scherm: Ich hatte gestern ein
Gespräch mit der Kulturbeauftragten
Renate Dix und Herrn Richter. Ergebnis
ist, dass es auch in den nächsten
fünf Jahren die Kunst-Begegnungen
geben wird. Vielleicht ringt man sich
bei Gelegenheit auch dazu durch, uns
finanziell etwas besser zu unterstützen.
Dann könnten wir die Begegnungen
auch mit einem international
wirklich arrivierten Künstler würzen.
Interview: MATTHIAS BOLL