American Dream und Fränkische Realität

American Dream

Das kulinarische fränkische Triumvirat, die Eckpfeiler aller Genüsse in nicht flüssiger Form sind „Drei in an Weckla, Lebkuchen und Klöß“. Das konnten weder die „Nouvelle Cuisine“, noch weltweit agierende Fastfood-Ketten erschüttern oder gar verändern. Und ausgerechnet in Abenberg, präziser im Ortsteil Wassermungenau, befindet sich das Zentrum des fränkischen Kloß-Universums. Der Herrscher dieses Imperiums kartoffelgeborener Köstlichkeiten ist einer, den man neudeutsch Selfmademan nennt, also einer, der es nicht durch Erbschaft oder Lottogewinn, sondern durch eigener Hände Arbeit zu etwas gebracht hat. Einer, der sich auch nicht scheut zu zeigen, dass er es geschafft hat, egal ob durch seine Villa, seine Pferde oder die Pferde unter der Haube oder das Pferd am Kühlergrill.
Nun, wenn es einer aus eigener Kraft geschafft hat von Null auf Hundert oder von fast Null auf Millionen, lohnt sich immer ein genauerer Blick, was das denn für einer ist. Ein Schild am Straßenrand macht den Fremden darauf aufmerksam, dass er sich nun in „Henglein-City“ befindet. Schnell wird einem klar, dass hier einer den amerikanischen Traum seiner Jugend lebt. Und spätestens wenn man vor dem „Henglein-Truck“ der Marke Kenworth steht, dieser fahrenden All-American-Airbrush-Galerie, versinkt man entweder in seinen eigenen Vorurteilen oder fragt sich: Was steckt wirklich dahinter?
Man hüte sich, der eigenen Blindheit zu erliegen, wenn die Freiheitsstatue statt der Fackel den Kloß gen Himmel reckt oder über der Golden Gate Bridge ein Heißluftkloß schwebt und dann lediglich zu meinen, hier lebt halt ein Neureicher seinen Spleen aus und fertig. Die Wahrheit liegt ganz woanders.
Da hat einer davon geträumt, dass man es schaffen kann, weil man ihm als Kind schon erzählt hat, dass man es schaffen kann. Und er hat es angepackt und geschafft, zwar nicht über dem großen Teich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, in Amerika, sondern hier, im durchaus begrenzten Franken. Aber dabei hat er sie immer in sich getragen, diese innere Folie, diese inneren Bilder, die ihn stark gemacht haben. Die „American Monuments“ waren ihm Symbolzeichen, der Wilde Westen die Metapher vom einsamen Cowboy, der sich gegen alle Widerstände durchsetzt. Und dabei ist es völlig egal, ob es um Rinderherden oder um Kloßteig geht.
Ich habe Hans Henglein gefragt, ob er sich das alles auch in echt angeschaut hat, was da auf seinem Truck so kunstvoll abgebildet ist. Die Antwort war ebenso knapp wie leise: „Nur einiges. Ein paar Tage durchs Land. Aber das ist nicht unsere Art.“
Wie bei Karl May kommt es hier nur auf das innere Amerika an, den persönlichen Traum, der sich damit verbindet. Weil das viel echter ist, viel reiner, unverfälschter, das Ideal eben, ungetrübt von Alltagserfahrungen.
Wir Menschen brauchen solche inneren Bilder, wir brauchen diese Träume, um Realitäten zu schaffen.

Die Airbrush-Arbeiten an dieser "American Beauty" stammen von Walter Rosner aus Mitterteich.